Quantencomputing
Es geht ums Ganze: QuaST im Endspurt

Wie können Unternehmen die Vorteile von Quantencomputing nutzen – und das unabhängig von ihrer Größe und möglichst einfach? Methoden dafür entwickeln die Partner des Projekts QuaST, das jetzt ins sein abschließendes Jahr geht.

mask Struktur

Seit Anfang 2022 entwickeln vier Fraunhofer-Institute gemeinsam mit sechs Partnern aus Industrie und Wissenschaft im Projekt »Quantum-enabling Services & Tools for Industrial Applications« (QuaST) Methoden, die Endanwendern den Zugang zu den Vorteilen der Quantentechnologie erleichtern sollen. Die Führung des Projekts liegt beim Fraunhofer-Institut für Kognitive Systeme IKS.

Die Weichen für das letzte Projektjahr sind nun gestellt, wie von Projektleiterin PD Dr. habil. Jeanette Miriam Lorenz, am Fraunhofer IKS verantwortlich für das Thema Quantencomputing, im Interview erläutert. Dazu trafen sich etwa 30 Vertreterinnen und Vertreter der Projektpartner, des Projektträgers und assoziierter Partner am 20.Februar 2024 in Nürnberg am IT-Campus von DATEV. Das Softwarehaus ist auf IT-Lösungen für Steuerberatung und Wirtschaftsprüfung spezialisiert und untersucht im QuaST-Projekt die Eignung von quantengestützten Lösungen für betriebswirtschaftliche Fragestellungen.

Gruppenbild Quast Endspurt Bild 1
Bild

Vertreterinnen und Vertreter der Projektpartner, des Projektträgers und assoziierter Partner trafen sich im Februar in Nürnberg, um die abschließende Phase des Projekts einzuläuten.

Ergebnisse werden zusammengeführt

Zwei intensive Projektjahre liegen nun hinter dem Konsortium. Viele verschiedene Methoden und Anwendungsfälle standen im Mittelpunkt – von Anwendungsfällen wie der Tourenplanung für globale Lieferketten über Zerlegungsmethoden für allgemeine Optimierungsprobleme unter Zuhilfenahme klassischer Rechner bis hin zu der Möglichkeit, Quantenschaltkreise »auseinanderzuschneiden«, separat auf kleineren Maschinen auszuführen und anschließend wieder »zusammenzunähen«.

Auch auf der Ebene des Gesamtprojekts werden die vielen erforschten Ideen nun zusammengeführt: So entwickeln etwa die Forscherinnen und Forscher an den verschiedenen Anwendungsfällen im Austausch gemeinsame Ergebnisse und Impulse – da kann schon einmal eine Methode, die sich für die Tourenplanung als ungeeignet erwiesen hat, für betriebswirtschaftliche Prognosen plötzlich vielversprechend aussehen. Andersherum stoßen die praktischen Tests der jeweiligen Anwendung Verbesserungen und Weiterentwicklungen an: Wenn ein Optimierungsproblem auf kleinere Teilprobleme reduziert werden soll, muss zum Beispiel garantiert werden, dass Nebenbedingungen weiterhin erfüllt werden: Bei der Routenplanung dürfen zum Beispiel vorhandene Fahrzeuge nicht überladen werden. Bei der Auswahl von Kraftwerken, die den Energiebedarf eines Netzes decken, soll die Münchner Innenstadt nicht plötzlich ohne Strom dastehen.

Die vielen Einzelergebnisse, die einem Projekt dieser Größe entspringen, müssen aber nun wieder zusammengeführt und fokussiert werden. Dazu dient der am Fraunhofer IKS in QuaST entwickelte Entscheidungsbaum. Er bietet eine Möglichkeit, den Lösungsprozess zu systematisieren. Dadurch lässt sich der beste Lösungsweg nachvollziehbar begründen. Im Laufe des Projekts kommen immer mehr Ergebnisse zusammen, die die Anzahl der möglichen Lösungspfade stetig vergrößern.

Tourenplanung als mathematisches Optimierungsproblem

Ein Beispiel: Am Anfang steht der Anwendungsfall eines Tourenplanungs-Problems, der als mathematisches Optimierungsproblem formuliert wird. Dafür gibt es bereits mehrere Möglichkeiten, die sich etwa in der Anzahl der benötigten Variablen unterscheiden. Anstatt nun jede Anwendung separat zu betrachten, lässt sich eine Ebene dazwischenschalten, die kodierungs-unabhängige Formulierung: Sie definiert abstrakte Problembausteine, die modular verwendet und anschließend weiter konkretisiert werden können. So wird der Entscheidungsbaum ein Stück modularer, und neue Anwendungsfälle haben schneller Zugang zu allen Optionen der Problemformulierung.

Ein besonderes Augenmerk liegt auf der Verzahnung der Lösungsmethoden, die stets klassische und Quantenkomponenten benötigen. Eine neue am Fraunhofer IIS im Rahmen von QuaST entwickelte Methode ermöglicht es zum Beispiel, die Anzahl von Variablen in einem Problem schrittweise zu reduzieren. Dazu können klassische und quantengestützte Algorithmen zum Einsatz kommen. Sie generieren Vorschläge, an welchen Stellen das Problem sinnvoll verkleinert werden kann – dabei geht nur wenig Lösungsqualität verloren. In der Realität stellt sich vieles jedoch oft komplizierter dar als auf dem Papier: In QuaST wird deswegen gleich direkt mit den Endanwendern aus der Industrie gemeinsam getestet. Nur so lassen sich die Verbesserungen vornehmen, die letztlich einen sinnvollen und erfolgreichen Einsatz von quantengestützten Lösungsmethoden erlauben sollen.

Damit ist QuaST auf der Zielgeraden, um seine Mission zu erfüllen: Quantencomputing-Technologien für Endanwender aus der Industrie einfacher und besser nutzbar machen.


Das Projekt QuaST (Quantum-enabling services & tools for industrial applications) wird vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert.

Nächster Artikel

Quantencomputing
Schwere Probleme leicht lösen – aber zuverlässig!

Benedikt Poggel
Benedikt Poggel
Quantencomputing / Fraunhofer IKS
Quantencomputing