Interview mit Jeanette Lorenz
»Unternehmen sollen frühzeitig vom Quantencomputing profitieren«

Das Projekt QuaST (Quantum-enabling Services und Tools für industrielle Anwendungen) geht an den Start. Die Leitung des Projekts liegt beim Fraunhofer IKS. Verantwortlich für QuaST ist Jeanette Lorenz, Senior Scientist für Quantencomputing am Fraunhofer IKS. Sie erklärt, um was es im Projekt geht.

Quantencomputer
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Quantencomputing am Fraunhofer IKS

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Frage

H. T. Hengl:

Jeanette, um was geht es im Kern beim Projekt QuaST?

Antwort

Jeanette Lorenz:

Wir wollen kleinen und großen Unternehmen einen niederschwelligen Zugang zu Quantencomputing (QC) ermöglichen. Das heißt: Industrielle Endanwender sollten nur minimale Kenntnisse von QC-Hardware und QC-Software mitbringen müssen, und dennoch automatisiert leicht zugängliche und verlässliche QC-gestützte Lösungen für ihre Anwendungsprobleme bekommen. Und das unter effizienter Verwendung der Hardware. Anwendungsprobleme, das sind im Projekt QuaST Optimierungsprobleme in verschiedenen Branchen und Prozessen. Anders gesagt: Unternehmen sollen frühzeitig von den Vorteilen des QC profitieren können.

Frage

H. T. Hengl:

Das klingt aber erst einmal nicht sehr ambitioniert …

Antwort

Jeanette Lorenz:

Ja, das klingt einfach, aber dahinter verbirgt sich sehr viel mehr, als die bloße Beschreibung erahnen lässt. QC ist eine komplett neue Technologie, bei der in jedem Teil des Software-Stacks noch viel Arbeit nötig ist. Etwa in der Frage, wie sich QC mit klassischen Rechnern und Systemen kombinieren lässt. In QuaST ist es eine anspruchsvolle Aufgabe, das einzelne Optimierungsproblem automatisch in die Teile zu zerlegen, die klassisches Computing und im nächsten Schritt High-Performance-Computing erledigen können, und in solche, die eben Quantencomputing voraussetzen. Zudem sind aufgrund der geringen Größe aktueller QC alle verwendeten Algorithmen sogenannte Hybrid-Algorithmen, in denen ein kontinuierlicher Austausch zwischen klassischen und QC-Systemen stattfindet. Auch die Verknüpfung der Systeme ist aktuell eine große Herausforderung. Hinzu kommt die optimale Abbildung des QC-Teils auf die Hardware. Und schließlich ist auch eine Evaluation und Verifikation der finalen Implementierung auf den QC in Bezug auf die Anwendungen nötig. Insgesamt haben es also alle Projektpartner zusammen mit einer echten Herausforderung zu tun

Frage

H. T. Hengl:

Du hast ja die Optimierungsprobleme bereits angesprochen. Kannst Du konkret sagen, worum es dabei geht?

Antwort

Jeanette Lorenz:

Es geht um Anwendungsprobleme unserer Partner und natürlich um die Zielsetzung, diese effizienter zu gestalten. Beispielsweise widmet sich Infineon Scheduling-Problemen in der Halbleiter-Fertigung. Das umschreibt die Fragestellung, wann welche Schritte im hochsensiblen Produktionsprozess optimal an- und umgesetzt werden.
Datev interessiert sich für die Optimierung betriebswirtschaftlicher Prognosen. Das Fraunhofer IISB befasst sich mit der Netzwerkoptimierung und Roche, als assoziierter Partner des Fraunhofer IKS, erforscht den Einsatz von QC in der Arzneimittel-Entwicklung.

Insgesamt sind sieben Partner am Projekt QuaST beteiligt. Die Fraunhofer-Gesellschaft ist vertreten mit den Fraunhofer-Instituten für Kognitive Systeme IKS, Angewandte und Integrierte Sicherheit AISEC, Integrierte Schaltungen IIS sowie für Integrierte Systeme und Bauelementetechnologie IISB. Zu den Projektpartnern gehören außerdem das Leibniz-Rechenzentrum und die Technische Universität München (TUM) sowie die Unternehmen DATEV eG, Infineon, IQM und ParityQC. Projektträger ist das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR).

Frage

H. T. Hengl:

Auf welches Forschungsthema konzentriert sich das Fraunhofer IKS?

Antwort

Jeanette Lorenz:

Das Fraunhofer IKS ist beteiligt an der bereits erwähnten Zerlegung der Optimierungsproblemen in »Unterprobleme«, so zu sagen. Wesentlich bestimmt wird unsere Arbeit im Projekt von der Evaluation und Verifikation der finalen Anwendung. Unter dem Blickwinkel der Mathematik betrachtet bedeutet das, die probabilistischen Eigenschaften des Quantencomputers zu kontrollieren.
Darüber hinaus gibt es natürlich auch Anknüpfungspunkte zu den industriellen Partnern, etwa in Form von Schulungsprogrammen und Best-Practice-Guides.

Frage

H. T. Hengl:

Quantencomputing gilt ja als eines der zentralen technologischen Zukunftsthemen. Kannst Du kurz erklären, was Quantencomputing so besonders macht bzw. was Quantencomputer können, das herkömmliche Rechner nicht zustande bringen?

Antwort

Jeanette Lorenz:

Langfristig werden bei fehlerkorrigierten Quantencomputern signifikant schnellere Lösungen in einigen Problemklassen erwartet, z.B. bei Suchalgorithmen, was auch relevant ist für die erwähnten Optimierungsprobleme, oder auch bei Simulationsproblemen. Dafür sind klassische Rechner eher schlecht geeignet. Quantencomputer dagegen schon, weil sie weniger Qubits benötigen, um Informationen zu speichern, automatisch Parallel-Processing begünstigen und eventuell auch eine höhere Informationskapazität in bestimmten Algorithmen ermöglichen. Allerdings werden die Quantencomputer trotz ihrer Fähigkeiten klassische Rechner nicht verdrängen, sondern eher als Quantum Processing Unit neben klassischen Systemen verwendet werden.

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