Autonomes Fahren von A bis Z: Teil 1

Wie werden fahrerlose Transportfahrzeuge in der Industrie eingesetzt, und was hat Homer Simpson mit einem automatisierten Truck zu tun? In diesem Blogbeitrag haben wir interessante Fakten zum autonomen Fahren zusammengestellt. In Teil 1 finden Sie Informationen von A wie Agrarwirtschaft bis M wie maschinelle Wahrnehmung.

mask Straße mit Kurven

Agrarwirtschaft

In der Agrarwirtschaft ist das autonome Fahren bereits seit Jahren Realität. Das Stichwort lautet hier Precision Farming: Autonome Mähdrescher, Traktoren und Erntemaschinen bewegen sich zentimetergenau über die Felder und sorgen für eine präzise Arbeit. Hierfür werden GPS-Satellitensignale mithilfe lokaler Mobilfunkstationen so korrigiert, dass sich die Position des Fahrzeugs ganz genau bestimmen lässt. Das spart unnötig doppelt überfahrene Fläche und sorgt für eine höhere Effizienz in der Landwirtschaft.

Landmaschine

Bilderkennung

Die Bilderkennung ist eine entscheidende Technologie für das autonome Fahren. Sogenannte Machine-Vision-Algorithmen können Objekte erkennen und kategorisieren. Eine Künstliche Intelligenz (KI) wertet die Daten in Sekundenbruchteilen aus und entscheidet: Handelt es sich um ein Kind, das die Straße überquert, oder um eine vorbeiwehende Plastiktüte? Ist die Ampel rot oder grün? Hierfür orientiert sich die KI – ähnlich wie der Mensch – an gemeinsamen Merkmalen der Objekte, wie beispielsweise Farben, Formen und Strukturen.

Cloud

Bei autonomen Fahrzeugen kann es sinnvoll sein, bestimmte Funktionen in die Cloud auszulagern. Wenn die energieintensive Berechnung des Umfeldmodells nicht im Auto, sondern in der Cloud stattfindet, schont dies beispielsweise die Batterie eines autonomen Elektrofahrzeugs. In der Cloud lassen sich außerdem die Umfeldmodelle mehrerer Fahrzeuge zusammenfassen. Dadurch kann jedes einzelne Auto Objekte besser in seiner Umgebung wahrnehmen und zuverlässiger erkennen.

Daten

Pro Tag generiert ein autonomes Fahrzeug mehrere Tausend Gigabyte an Daten. Dazu zählen GPS-Daten zur Position sowie Kamera- und Sensorinformationen, beispielsweise von Radar und Lidar. In einigen Fällen ist es auch möglich, die Daten mehrerer Autos miteinander zu kombinieren, die sich zum Beispiel auf der Straße begegnet sind. Da es beim autonomen Fahren um Menschenleben geht, muss sichergestellt werden, dass die Daten keine Fehler enthalten und dadurch das Umgebungsmodell verzerren. Abhilfe schafft hier die intelligente Cross-Validierung. Sie vergleicht die Daten unterschiedlicher Sensoren, die verschiedenen Schwachstellen haben, und ermittelt, ob diese plausibel sind.

Fahrzeugmodell

Ethik

In Deutschland hat 2017 eine Ethik-Kommission im Auftrag des Bundesverkehrsministeriums die weltweit ersten Leitlinien zu ethischen Fragen im Bereich des autonomen Fahrens vorgestellt. Die 20 Regeln für den automatisierten und vernetzten Fahrzeugverkehr besagen beispielsweise, dass Sach- vor Personenschaden geht. Auch darf ein System in einer unausweichlichen Unfallsituation Menschen nicht nach persönlichen Merkmalen wie dem Alter qualifizieren. Außerdem soll das Steuerungssystem eines jeden Fahrzeugs für eine defensive und vorausschauende Fahrweise programmiert werden.

Forschung

Bereits in den 1920er-Jahren gab es in den USA erste Experimente zu selbstfahrenden Autos. Seitdem hat sich in der Forschung einiges getan. Vor allem bei uns, im Land der Autofahrer, arbeiten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler daran, das autonome Fahren auf die Straße zu bringen. So halten deutsche Institutionen und Firmen mehr als die Hälfte aller weltweiten Patente in diesem Bereich. Die obersten Ziele der Forschungsaktivitäten hierzulande liegen laut Bundesregierung darin, autonomes Fahren sicher, effizient, nachhaltig, sauber, barrierefrei und bezahlbar zu machen.

Gesetz

Autonome Fahrzeuge sind auf öffentlichen Straßen in Deutschland noch nicht zugelassen. Doch es gibt bereits mehrere Teststrecken, auf denen zumindest hoch- oder vollautomatisierte Fahrzeuge unterwegs sind. Der Bundestag hat 2017 ein Gesetz verabschiedet, welches die Voraussetzungen für die dort durchgeführten Fahrten regelt. So darf sich die Fahrerin oder der Fahrer während der Fahrt vom Verkehrsgeschehen abwenden, muss jedoch wahrnehmungsbereit bleiben und das Steuer jederzeit wieder übernehmen können.

Hollywood

Autonomes Fahren ist nicht nur in der Wissenschaft, sondern spätestens seit den 1980er Jahren auch in Film- und Fernsehen ein beliebtes Thema. Von KITT, dem sprechenden Fahrzeug aus der Serie Knight Rider, über Batmans Batmobil bis hin zu autonomen Tourenfahrzeugen in Jurassic Park: In Hollywood finden sich vielseitige Einsatzszenarien wieder. Selbstfahrende Autos tauchen dabei sowohl in Science-Fiction-Streifen wie Minority Report oder I, Robot auf, als auch in den Comic-Welten von SpongeBob und den Simpsons. So gönnte sich Homer Ende der 1990er Jahre ein Schläfchen hinter dem Steuer seines Trucks, während das Fahrzeug selbstständig weiterfuhr und die nächste Tankstelle ansteuerte.

Industrie

Apropos autonome Trucks: Diese bieten vor allem in der Industrie neue Chancen. So können sie zum Beispiel gefährliche oder monotone Aufgaben in Minen oder Frachthäfen übernehmen. In der Produktion und Logistik verbreitet sind vor allem auch fahrerlose Transportfahrzeuge (FTF), welche Material und Fördergut ziehen oder tragen, beispielsweise in Fabrik- und Lagerhallen. Einer der größten Vorteile von FTF liegt in ihrer Flexibilität. Sie lassen sich leichter an veränderte äußere Verhältnisse anpassen als andere Transportmittel. Zudem machen sie Transportvorgänge zuverlässig kalkulierbar und senken die Personalkosten.

Frachthafen

Jobs

Um das autonome Fahren weiterzuentwickeln, werden vor allem Ingenieure und Informatiker gebraucht. Klassische Aufgabenbereiche in der IT betreffen das Verarbeiten und Auswerten von Daten genauso wie die Themen Vernetzung und Künstliche Intelligenz. Die meisten Jobs im Bereich Autonomes Fahren gibt es laut LinkedIn derzeit als Software Engineer. Auch am Fraunhofer IKS suchen wir Kolleginnen und Kollegen, die die Zukunft und Sicherheit autonomer System aktiv mitgestalten und prägen. Schauen Sie doch mal auf unserer Karriereseite vorbei.

Künstliche Intelligenz

Autonomes Fahren basiert zu großen Teilen auf Künstlicher Intelligenz. Sie wertet Daten aus, erstellt auf Basis der Perzeption ein 3D-Modell der Umgebung, errechnet die bevorstehende Situation und trifft Vorhersagen. Hierbei ist es wichtig, nachweisbar alle Sicherheitsziele zu erreichen. Denn selbst kleine Fehler der KI können beim autonomen Fahren lebensbedrohliche Situationen hervorrufen. Daher forscht das Fraunhofer IKS daran, Künstliche Intelligenz vertrauenswürdig und zuverlässig zu machen. So arbeiten wir unter anderem an der Absicherung der Verarbeitungskette für die Perzeption beim autonomen Fahren.

Level

Die Norm SAE J3016 klassifiziert das autonome Fahren in fünf Stufen. Fahrzeuge auf Level 1 verfügen über Fahrerassistenzsysteme wie Tempomaten. Bei Level 2 spricht man von Teilautomation. Beispielfunktionen sind Assistenten zum Einparken, Spurhalten oder Bremsen. Autos auf Level 3 verfügen über eine hohe Automation und können beispielsweise selbstständig überholen, bremsen und beschleunigen. Die Fahrerin oder der Fahrer müssen jedoch in der Lage sein, bei einem Signal wieder ins Fahrgeschehen einzugreifen. Bei Fahrzeugen auf Level 4 spricht man von voller Automation. Sie können alle Fahraufgaben selbständig übernehmen. Auf Level 5 spricht man vom autonomen Fahren. Passagiere haben hier keine Fahraufgaben mehr und können auch nicht mehr in die Fahrsituation eingreifen.

Maschinelle Wahrnehmung

Die maschinelle Wahrnehmung der Fahrzeugumgebung wird auch Perzeption genannt. Sie entsteht aus den gesammelten und zusammengeführten Daten von Kameras und Sensoren wie Radar und Lidar. Diese scannen die Umgebung in Echtzeit. Auch gespeicherte digitale Karten und (D)GPS-Ortungssysteme bieten Informationen zur Umgebung des Fahrzeugs. Bei kooperativen Verkehrssystemen können Autos zudem miteinander kommunizieren und somit das geplante Fahrverhalten der anderen Verkehrsteilnehmer in die weitere Steuerung integrieren.


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Gereon Weiss
Gereon Weiß
Safety Engineering / Fraunhofer IKS
Safety Engineering