Petra Steffens
Ein halbes Berufsleben bei Fraunhofer

22 Jahre hat sie bei der Fraunhofer-Gesellschaft verbracht. Und das nicht nur in einem, sondern in drei Instituten. Jetzt geht Petra Steffens in den wohlverdienten Ruhestand.

Bergpanorama mit Aussichtspunkt
mask Bergpanorama mit Aussichtspunkt

Eine Promotion ist häufig der Startschuss für eine Karriere in der Forschung. Bei Petra Steffens war es anders: Hier setzte die Promotion quasi den Schlusspunkt einer erfolgreichen Karriere in Wirtschaft und Wissenschaft. Im Alter von 54 Jahren begann sie ihre Dissertation im Fach Informatik, fünf Jahre später erhielt sie ihren Doktortitel. Ihre Promotion befasste sich mit dem Thema Systemarchitektur und E-Government. Genauer gesagt beschäftigte sich Petra Steffens mit der Frage, wie sich Prozesse zwischen Unternehmen und Verwaltung automatisieren lassen und was kritische Erfolgsfaktoren für die Verbreitung einer solchen Technologie sind. Daraus entstand ein Buch im renommierten Wissenschaftsverlag Nomos, unter dem Titel »Weniger Bürokratielasten durch regelbasierte Software-Architektur«.

Der Grund, sich in Sichtweite des Ruhestands noch einmal einer Promotion zu widmen, hatte mit Karriereplanung oder gar Streben nach einem Titel wenig zu tun, betont Steffens: »Nach vielen Jahren Leitungs- und Koordinationsaufgaben wollte ich wahnsinnig gerne noch einmal selbst inhaltlich tiefer graben.« Und das in einem Fach, das sie ursprünglich gar nicht anvisiert hatte. Nach dem Abitur begann Petra Steffens, Linguistik zu studieren, mit der Spezialisierung auf Computerlinguistik, »denn die Idee, ein hoch komplexes System wie menschliche Sprache zu algorithmisieren, hat mich fasziniert.« Die ersten drei Jahre studierte sie an der Ludwig-Maximilians-Universität in München, dann weitere drei an der University of Exeter in Südengland. Dass sie ihre wissenschaftliche Ausbildung mit einer Promotion in Informatik abschließen würde, war damals nicht abzusehen.

Zweitstudium neben dem Beruf

Nach dem erfolgreichen Abschluss und der Rückkehr nach Deutschland stellte die frisch gebackene Absolventin fest, dass hierzulande kaum jemand etwas mit Computerlinguistik anfangen konnte. So entschied sich Steffens dafür, in Bonn Informatik zu studieren. »Ich habe schon bei IBM gearbeitet und seitens des Unternehmens viel Unterstützung bei meinem Zweitstudium erfahren«, betont sie. Im Unternehmen hat sich die gebürtige Münchnerin dann mit Sprachverarbeitung im wissenschaftlichen Zentrum von IBM befasst. Im Anschluss war Steffens in einer Business Unit für Sprachprodukte tätig und pendelte zwischen Heidelberg und der Europa-Zentrale in Paris hin und her.

Petra Steffens
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Petra Steffens: »Die Idee ein hoch komplexes System wie menschliche Sprache zu algorithmisieren, hat mich fasziniert.«

Mit inzwischen drei Kindern war das allerdings schwierig geworden, vor allem die vielen zusätzlichen Reisen innerhalb und außerhalb von Europa waren kaum mehr zu bewerkstelligen. Deshalb griff Steffens gleich zu, als sich die Möglichkeit ergab, ans Fraunhofer IESE in Kaiserslautern zu wechseln. Dort konnte sie ihre Expertise und Erfahrung in der Forschung im Unternehmensumfeld einbringen und doch regelmäßig bei ihrer Familie sein. Allerdings war der Wechsel mit einer komplett neuen Tätigkeit verbunden: Petra Steffens übernahm die Leitung von Marketing und PR. Das war im Jahr 1999. Drei Jahre später stellten sich die Weichen wieder neu: Steffens baute als Business Area Manager den Bereich E-Business und E-Government am Fraunhofer IESE auf. In dieser Funktion begleitete sie unter anderem mehrere Projekte der rheinland-pfälzischen Landesregierung, zunächst vor allem im Bereich Landwirtschaft, später dann im strategischen Kontext des »branchengetriebenen E-Government.«

Kaiserlautern – Berlin – München

Nach insgesamt zehn Jahren in Kaiserslautern führte der Weg nach Berlin ans Fraunhofer FOKUS, wo sie sich weiter dem Thema E-Government widmete, diesmal allerdings auf Bundesebene. Im Mittelpunkt stand dabei weiterhin die Frage, wie sich durch die Digitalisierung von Verwaltungsprozessen die Bürokratielast von Unternehmen reduzieren lässt. Ein Highlight ihrer Tätigkeit beim Fraunhofer FOKUS war die Verleihung des Innovationspreises des Deutschen Beamtenbundes im Jahr 2012, des mit 50.000 Euro damals höchst dotierten deutschen E-Government-Awards. Entgegennehmen durfte sie den Preis für das Projekt »P23R – Prozess-Daten-Beschleuniger«, ein Kooperationsprojekt mit fünf Fraunhofer-Instituten und neun weiteren Partnern aus Wissenschaft und Wirtschaft, das unter ihrer Gesamtprojektleitung durchgeführt wurde.

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Den Gestaltungsspielraum, den die Fraunhofer-Gesellschaft gewährt, habe ich immer genossen.

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Petra Steffens

Von Berlin nach München ging es weitere zehn Jahre später. Und hier, am Fraunhofer IKS, hat Steffens im Februar 2019 gleich mit viel Schwung die Leitung des Projekts zum thematischen Institutsaufbau übernommen. »Den Gestaltungsspielraum, den die Fraunhofer-Gesellschaft gewährt, habe ich immer genossen. Und auch die Förderung von Frauen, vor allem in der Wissenschaft, ist bei der Fraunhofer-Gesellschaft nicht nur Lippenbekenntnis, sondern wird aktiv betrieben«, betont die 63-Jährige, die als Mentorin im Fraunhofer-Programm Talenta selbst junge Wissenschaftlerinnen betreut. Speziell am Fraunhofer IKS schätzt die Literaturliebhaberin vor allem die extrem kollegiale Atmosphäre und den Willen, auf allen Ebenen Agilität umzusetzen.

Gerade das gemeinsame Entwickeln von Ideen und das gemeinsame Erarbeiten von Ergebnissen wird sie vermissen, wenn sie am 30. April in den Ruhestand geht. Das heißt: Die Aktivphase des Vorruhestands endet und die zweieinhalbjährige Passivphase beginnt. Die wird allerdings durchaus auch recht aktiv ausfallen:­­­ »Ich habe viele Freunde und Verwandte, die international, vor allem in Europa, Brasilien und USA, verstreut sind, und mit denen ich nun endlich mehr Zeit verbringen möchte. Ich hoffe aber auch, dass ich mich im Rahmen von Lehre weiterhin mit Fragen des Software Engineerings und E-Governments befassen kann«, so ihre Pläne.

„Das Fraunhofer IKS bedankt sich besonders herzlich für die erfolgreiche Arbeit am Auf- und Ausbau des Instituts“, so Verwaltungsdirektorin Sabine Sickinger. „Petra hat viel für uns auf den Weg gebracht und viel erreicht. Jetzt wünschen wir ihr für den wohlverdienten Ruhestand alles Gute.“


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