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Porträt Florian Geißler
»Gerade sehen alle mehr und mehr, was durch KI alles möglich ist!«
Dr. Florian Geißler forscht seit Herbst 2023 am Fraunhofer IKS an der Weiterentwicklung von Künstlicher Intelligenz. Im Porträt erzählt er, warum ihn KI so fasziniert, wo die größten Herausforderungen beim Quantumcomputing liegen und wie KI Menschen unterstützen kann.
© iStock/dinadesign
Bevor Dr. Florian Geißler im Oktober 2023 zum Fraunhofer Institut für Kognitive Systeme IKS stieß, erfüllt er sich einen Lebenstraum: »Letztes Jahr hatte ich die Gelegenheit, den Mount Everest Base Camp Trek zu machen, eine über eine Woche lange Wanderung im Himalaya bis zum Basislager des höchsten Bergs der Welt, auf über 5000 Meter Höhe.« Von Nepal ging es für ihn zum Fraunhofer IKS nach München, wo er als Senior Scientist im Bereich »Quantum Enhanced AI« arbeitet. Im Team von Dr. Jeanette Miriam Lorenz forscht der 35-Jährige an der Weiterentwicklung und praktischen Anwendung von Künstlicher Intelligenz (KI). Seine Forschungsgebiete umfassen dabei sowohl klassische KI-Themen wie generative KI und Large Language Models (LLM), als auch die zukünftige Weiterentwicklung des Maschinellen Lernens durch Quantumcomputing. »Das ist genau das, was mich interessiert. KI bietet sehr faszinierende Möglichkeiten und Potenziale, gerade sehen alle mehr und mehr, was alles möglich ist!«
Die sichere Weiterentwicklung etablierter und neuer KI-Methoden
Eine dieser neuen Möglichkeiten ist das Safety-Companion-Projekt des Fraunhofer IKS, ein Software-Agent, welcher Sprachmodelle benutzt, um Entwickler von Sicherheitsanalysen zu unterstützen. »Durch die zunehmende Komplexität vieler moderner Systeme und den hohen Zeitdruck herrscht bei Sicherheitszertifizierungen oft Überforderung. Das Projekt kann hier helfen.« Das Ziel sei es, hierbei das System und die Abhängigkeiten zwischen seinen Komponenten zu verstehen, um die Konsequenzen von Fehlern einschätzen zu können. »Im Gegensatz zu vergleichbaren Lösungen anderer Anbieter, werden von Anfang an Sicherheitsaspekte mit integriert.«
Ein weiteres Arbeitsfeld liegt in der Bildgenerierung durch KI. Dies kann dem Gesundheitsbereich enorm weiterhelfen: »Oft fehlen Bilder seltener Krankheiten für das Training von KIs. Dafür kann man künstliche Daten generieren lassen«. Durch einen Vergleich mit Originalbildern anhand verschiedener Metriken wird kontrolliert, wie plausibel die neuen Bilder sind. Diese Methode kann auch in sicherheitskritischen Szenarien wie dem Straßenverkehr Anwendung finden, wo erstellte Bilder von Gefahrensituationen ebenfalls als Trainingsmaterial dienen.
Florians zweiter Forschungsschwerpunkt liegt im Quantumcomputing. Die Technologie soll effizienter als bisherige Rechenmethoden arbeiten und dadurch zum einen völlig neue Problemklassen lösen und zum anderen bestehende Probleme beschleunigt meistern, zum Beispiel, KI-Modelle effizienter trainieren. Dabei werden bisher in Hybridmodellen einzelne Teile der neuronalen Netze durch Quantenelemente ersetzt. »Viele reale Anwendungen sind für ein rein quantenmechanisches KI-Modell noch zu komplex. Trotzdem sind wir an dem Punkt, an dem man absehen kann, dass es bei weiterem Fortschritt echte Vorteile durch Quantumcomputing geben könnte. Die Ausgangslage erinnert an die Entwicklung erster KI-Algorithmen in den 1960er und -70er-Jahren, als es jedoch noch an der passenden Hardware gemangelt hat. Heute dagegen sehen wir KI überall.«
Aus Oberfranken bis nach Connecticut
Der gebürtige Bamberger hatte schon immer ein großes Interesse an Naturwissenschaften: »Es ist eine universelle Sprache, es gibt klar richtige und falsche Antworten. Außerdem erlaubt uns die Physik Prognosen über die Zukunft zu treffen.« Diese Faszination schlug sich auch bei der Studienwahl nieder »Philosophie und Medizin waren zwar auch auf der Liste, aber da ich aus einer Ärztefamilie komme, war mir das am Ende zu langweilig«. So studierte er stattdessen ab 2007 an dem bekannten Physiklehrstuhl der Universität Würzburg, an dem auch schon der erste Physiknobelpreisträger Wilhelm Conrad Röntgen forschte.
Nach seinen Abschluss 2013 begann Florian mit seiner Promotion und spezialisierte sich im Bereich Quantenphysik. »Es war ein fließender Übergang. Nachdem sich in meiner Masterarbeit hierzu bereits Fragen gestellt hatten, die den deren Umfang überschritten, hatte ich das Gefühl, noch nicht fertig zu sein.« Über seinen Doktorvater ging er dabei auch für ein Semester an die Yale University in die USA. »Das war eine super spannende und intensive Zeit. Die Mentalität der Leute dort ist ganz anders als hier, alle sind sehr selbstverantwortlich und auch bereit, Fehler zu machen. Es gibt keine Komfortzone. Vieles davon versuche ich bis heute für mich mitzunehmen.«
KI als Stärkung des Menschen
Nach seiner erfolgreichen Promotion arbeitete Florian für mehr als fünf Jahre in der freien Wirtschaft. Als Forschungsentwickler bei Intel beschäftigte er sich zum Beispiel mit Fragen der Robustheit von KI-Anwendungen auf potenziell fehlerhafter Hardware. Im Herbst 2023 wurde er Mitgründer eines Start-ups und stieß gleichzeitig zum Fraunhofer IKS.
An seiner Arbeit motiviert Florian, dass Künstliche Intelligenz praktischen Nutzen und Unterstützung in vielen Bereichen der Gesellschaft bietet. Gleichzeitig gebe es dadurch auch viele Missverständnisse. »Es gibt das Szenario der allmächtigen und sogar bedrohlichen KI. In der Realität kann die KI jedoch bisher Dinge nur perfekt reproduzieren, versteht sie aber noch lange nicht, ähnlich wie ein Papagei.« Durch die Fortschritte der KI könnten wir Menschen auch viel über uns lernen. »Was macht uns aus? Wo liegen unsere Stärken? In welchen Bereichen sind wir wichtig? Wieweit sind etwa Kreativität, Kunst, oder Empathie rein menschliche Eigenschaften?« Das Denken des Menschen werde auf eine völlig neue Art und Weise erweitert. So kann die künstliche Intelligenz sich sehr gut mit der menschlichen verbinden.
Neben seiner Arbeit verbringt Florian, der seit mehreren Jahren in München lebt, seine Zeit gerne an den örtlichen Seen. Außerdem spielt er Gitarre in einer Band. Darüber hinaus ist er ein begeisterter Bergsteiger und scheut auch dabei Herausforderungen nicht. Seine über eine Woche lang dauernde Wanderung führte ihn im vergangenen Jahr von der nepalesischen Stadt Lukla bis zum Basislager des Mount Everest auf über 5000 Meter Höhe – keine Route für Anfänger. Und diese höchst anspruchsvolle Route macht Florian Lust auf mehr: » In Zukunft würde ich gerne ähnliche Orte besuchen, zum Beispiel das Annapurna Base Camp, ebenfalls in Nepal.«
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