Interview mit Mario Trapp
»Lehre und Ausbildung junger Menschen sind für mich der schönste Teil meines Jobs«

Der Leiter des Fraunhofer-Instituts für Kognitive Systeme IKS, Prof. Dr.-Ing. habil. Mario Trapp, ist seit dem vergangenen Monat Professor an der Technischen Universität München (TUM), genauer gesagt an der Fakultät für Informatik. Im Interview erzählt er mehr über seinen Lehrstuhl und seine Zielsetzungen in Forschung und Lehre.

Studentin rechnet an Tafel
mask Studentin rechnet an Tafel
Frage

H. T. Hengl:

Mario, Du wurdest zum 1. Juni als Professor an die Fakultät für Informatik der TU München berufen. Wie wird Dein Lehrstuhl heißen?

Antwort

Prof. Dr.-Ing. habil. Mario Trapp:

Mein Lehrstuhl heißt »Engineering Resilient Cognitive Systems« und bildet quasi eines der wissenschaftlichen Fundamente unseres Instituts.

Frage

H. T. Hengl:

Kannst Du die wichtigsten Themengebiete nennen, mit denen sich Dein Team und Du beschäftigen werden?

Antwort

Prof. Dr.-Ing. habil. Mario Trapp:

Wir befassen uns in der Grundlagenforschung mit der Frage, wie man Kognitive Systeme – also technische Systeme, die kognitive Fähigkeiten imitieren – so entwickeln kann, dass sie in jeder denkbaren und undenkbaren Situation den maximal möglichen Nutzen erbringen. Und das, ohne dabei ihre Safety zu gefährden! Dazu müssen sich die Systeme ihrer eigenen Fähigkeiten und Ziele genauso bewusst werden wie ihrer Umgebung, um sich kontinuierlich an sich ständig ändernde Bedingungen anpassen zu können. Diese Fähigkeit nennen wir Resilienz.

Frage

H. T. Hengl:

Das Thema »Resilienz« hat dabei also eine herausgehobene Bedeutung.

Antwort

Prof. Dr.-Ing. habil. Mario Trapp:

Ganz genau. Bei klassischen Systemen wie einer Motorsteuerung oder einer Produktionsanlage ließen sich die physikalischen Eigenschaften des Brennraums einschließlich des zu erwartenden Verschleißes über die Zeit spezifizieren und die Software fest-codiert darauf auslegen.
Schaut man sich hingegen typische Kognitive Systeme wie autonome Fahrzeuge an, dann müssen diese in einer
quasi unendlichen Zahl von Umgebungsbedingungen funktionieren.Wir können auf einmal nicht mehr alle diese Bedingungen vorhersehen, und unterschiedliche Umgebungen verlangen vielleicht unterschiedliche Lösungen. Die Systeme müssen sich also kurz- und langfristig anpassen. Genauso wie wir Menschen, wenn plötzlich das Licht ausgeht, auf unser Gehör und den Tastsinn zurückgreifen und uns viel langsamer und vorsichtiger als sonst bewegen – oder genauso wie wir mit dem Umzug in eine neue Stadt unsere Verhaltensmuster an die neuen Umstände anpassen.

Mario Trapp
Bild

Prof. Dr.-Ing. habil. Mario Trapp: »Kognitive Systeme wie autonome Fahrzeuge müssen in einer quasi unendlichen Zahl von Umgebungsbedingungen funktionieren.«

Frage

H. T. Hengl:

Wie sieht denn Dein Team am Lehrstuhl aus?

Antwort

Prof. Dr.-Ing. habil. Mario Trapp:

Der Lehrstuhl wird zunächst mit drei Mitarbeitenden starten und ich werde ihn dann schrittweise auf zehn bis fünfzehn Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ausbauen. Dabei werden wir dann insbesondere auch auf die enge Verzahnung mit dem Fraunhofer IKS achten, sodass nahtlos die Spanne von der Grundlagenforschung bis zum Transfer in die Industrie abgedeckt werden kann. Dabei spielt aber nicht nur mein eigener Lehrstuhl eine wichtige Rolle, sondern wir werden am Fraunhofer IKS durch die entstandene Nähe zur TUM auch andere Lehrstühle noch enger einbeziehen können also bisher

Frage

H. T. Hengl:

Mit welchen akademischen Veranstaltungen gehst Du an den Start?

Antwort

Prof. Dr.-Ing. habil. Mario Trapp:

Als Institutsleiter habe ich ein reduziertes Lehrdeputat, sodass ich zunächst mit einer Vorlesung zu meinem Kernthema der Resilienz starten werde und diese dann mit Seminaren und in Zukunft auch Praktika alternieren werde.

Frage

H. T. Hengl:

Du hast bestimmt auch schon Anfragen für Promotionsvorhaben!

Antwort

Prof. Dr.-Ing. habil. Mario Trapp:

Bereits heute betreue ich zahlreiche Promotionsvorhaben von Mitarbeitenden am Institut, in Kaiserslautern und in der Industrie. Schon im Vorfeld des Wechsels an die TUM hat sich die Nachfrage stark gesteigert und steigt nun weiter stark an.

Frage

H. T. Hengl:

Was sollen Deine Studentinnen und Studenten bei Dir vor allem lernen?

Antwort

Prof. Dr.-Ing. habil. Mario Trapp:

Die Lehre und die Ausbildung junger Menschen ist für mich persönlich der schönste Teil meines Jobs, weshalb ich diesem Teil meiner Arbeit auch sehr viel Zeit und Begeisterung widme. In den Vorlesungen ist es mir wichtig, neben einem wissenschaftlich-fachlichen Fundament vor allem auch die Dinge zu vermitteln, die im praktischen Berufsalltag dann tatsächlich von Relevanz sind, damit die Studierenden nicht nur die Theorie kennen, sondern auch fachlich wie persönlich auf den Einstieg in den Job vorbereitet sind.

Bei den individuelleren Formaten wie Seminaren, Abschlussarbeiten und Promotionsvorhaben ist es mir neben den fachlichen Aspekten auch wichtig, die Menschen als Persönlichkeiten zu entwickeln, um ihnen eine gute Grundlage für ihre weitere Karriere zu legen. Junge Menschen eine Zeit ihres Weges zu begleiten, auszubilden und vielleicht auch etwas im positiven Sinne zu prägen, ist für mich die schönste Form, um Spuren in dieser Welt zu hinterlassen. Und wenn sich ehemalige Studierende selbst nach vielen Jahren bei mir bedanken, ist das eine der schönsten Bestätigungen, die man bekommen kann.

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