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Automatisierung
Die menschenzentrierte Fabrik
Anstatt Arbeitende einfach nur zu ersetzen, zielen moderne Fertigungskonzepte darauf ab, menschliches Fachwissen und Automatisierung zu kombinieren. Dies führt zu einer Produktionsanordnung, die die Qualität erhöht, ohne die Effizienz zu beeinträchtigen. Wie funktioniert das im Einzelnen?
© iStock/Sean Anthony Eddy
Die Beziehung zwischen Arbeiterinnen und Arbeitern und neuen Technologien war schon immer komplex. Seit der industriellen Revolution gibt es Ängste um die Automatisierung und die Zukunft der Arbeitsplätze in der Fertigung. Der menschliche Beitrag zur Produktion bleibt jedoch in der Praxis unverzichtbar. Bei der Qualitätskontrolle zum Beispiel können die Arbeitenden eine Vielzahl potenzieller Probleme genau erkennen und so die Produktstandards hoch halten. Ebenso sind Aufgaben, die besonders komplizierte oder heikle Montageschritte beinhalten, oft sehr schwierig zu automatisieren. Schließlich können Menschen spontan Entscheidungen über den Fertigungsprozess treffen, was bei unerwarteten Problemen nützlich ist.
Diese Beispiele machen deutlich, dass die Nutzung menschlicher Fähigkeiten in der Fertigung im Zusammenspiel mit Automation von entscheidender Bedeutung ist. Aber wie genau kann dies erreicht werden?
Kollaborative Roboter
Eine wirksame Möglichkeit der Interaktion zwischen Maschinen und Menschen ist der Einsatz von kollaborativen Robotern. Wie der Name schon sagt, können diese Roboter direkt mit den Menschen in der Werkshallen zusammenarbeiten, z. B. Objekte transportieren und bei Montagearbeiten helfen. Diese Art der Zusammenarbeit ist ideal für hybride Produktionsanlagen, in denen bestimmte Aufgaben nicht effektiv automatisiert werden können oder in denen der menschliche Beitrag zu qualitativ hochwertigeren Ergebnissen führt. In diesem Szenario ist es wichtig, Techniken einzusetzen, welche die Sicherheit der Arbeitenden gewährleisten, z. B. die Erkennung potenziell gefährlicher Situationen und die Anpassung des Verhaltens der Roboter, um eine sichere Umgebung wiederherzustellen. Dazu gehört auch eine angemessene Reaktion auf eine große Bandbreite möglicher menschlicher Handlungen und Verhaltensweisen.
Wartung von Maschinen
Ein weiteres gängiges Szenario, das durch die Kombination von Automatisierung und menschlichem Know-how optimiert werden kann, ist die Wartung. In diesem Fall können Techniken Künstlicher Intelligenz (KI) eingesetzt werden, um vorherzusagen, wann bestimmte Komponenten in der Produktionslinie gewartet werden müssen. Die Mitarbeitenden nutzen diese Informationen dann, um zusätzliche Kontrollen durchzuführen und zu entscheiden, ob die Wartungsarbeiten tatsächlich vorgenommen werden sollten. Obwohl die Wartung selbst in der Regel manuell erfolgt, kann die optimale Zeitplanung für das Abschalten von Maschinen auch automatisch ermittelt werden.
Automatisierte Qualitätskontrolle
Geschulte Mitarbeitende, die über ein umfassendes Wissen über alle Aspekte eines Produkts verfügen, sind am besten in der Lage, die Qualität der Produktionslinie zu beurteilen. Die manuelle Durchführung aller Qualitätskontrollen ist jedoch teuer und mit zunehmender Ermüdung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auch fehleranfällig. Um dieses Problem zu lösen, kann menschliches Fachwissen als Teil eines automatisierten Mechanismus für die visuelle Qualitätskontrolle genutzt werden. Konkret lässt sich ein KI-Modell so trainieren, dass es anhand von Menschen markierten Beispielbildern Anomalien in der Fertigung erkennt. Dieses Modell wird dann eingesetzt und eigenständig ausgeführt, um allgemeine Anomalien automatisch zu erkennen. Auf diese Weise ist menschliche Hilfe nur dann erforderlich, wenn Unregelmäßigkeiten festgestellt werden. Infolgedessen können die Mitarbeitenden Qualitätstrends auf einer höheren Ebene analysieren und schneller Möglichkeiten zur Verbesserung des Produktionsprozesses erkennen.
Strategische Entscheidungsfindung
Die Möglichkeit, auf der Grundlage automatisch erfasster Produktionsdaten fundierte Entscheidungen zu treffen, ist nicht nur im Rahmen der Qualitätskontrolle nützlich, sondern in allen Fertigungsbereichen. In der Produktentwicklung können die Daten aus dem Fertigungsbereich beispielsweise dazu verwendet werden, den Montageprozess für neue Produkttypen zu simulieren. Dies gibt Aufschluss darüber, welche Designelemente und Produktionsparameter weiter verfeinert werden müssen. Die Vorteile der datengesteuerten Entscheidungsfindung enden jedoch nicht hier, sondern erstrecken sich auf alle Ebenen des Unternehmens, einschließlich Logistik und Marketing.
Augmented Reality und Unterstützung durch generative KI
Ein interessantes Szenario, das die Möglichkeiten der Kombination von menschlichen Fähigkeiten und neuen Technologien verdeutlicht, ist der Einsatz von Augmented Reality und generativer KI in der Produktion. Die Idee ist es, den Arbeiterinnen und Arbeitern Geräte oder Techniken (z. B. intelligente Brillen, KI-Assistenten) zur Verfügung zu stellen, die sie durch komplexe Montage- oder Wartungsschritte führen können. Augmented-Reality-Geräte können beispielsweise eingesetzt werden, um Informationen über Maschinen, Produkte und Prozesse in der Fertigung anzuzeigen.
Durch die Berücksichtigung dieser Details können die Mitarbeitenden potenzielle Probleme früher erkennen und so die Gesamtzahl der Produktionsfehler verringern. Ein weiteres Beispiel ist der Einsatz von KI-Assistenten zur automatischen Erstellung detaillierter Layouts und Fertigungsprozesse auf der Grundlage von Produktanforderungen. Dadurch verringert sich der manuelle Planungsaufwand für die Mitarbeitenden, sodass sie sich auf die Verfeinerung bestimmter Details des Prozesses und sogar auf die Verbesserung des ursprünglichen Produktdesigns konzentrieren können.
Grundlegende Konzepte und erste Umsetzung
Die bisher diskutierten Ideen sind für produzierende Unternehmen eindeutig von Vorteil. Um diese Szenarien in die Tat umzusetzen, müssen jedoch einige grundlegende Konzepte implementiert werden. Das erste Element ist ein System, das die Sammlung von Produktionsdaten, den flexiblen Einsatz von KI-Techniken und die dynamische Anpassung von Fertigungsprozessen ermöglicht. Mit diesem Framework wird die grundlegende Feedbackschleife zwischen Arbeitern, KI und Maschinen eingerichtet.
Das zweite Element ist die Einführung von Robotern, die mit unerwarteten Szenarien umgehen können und ihr Verhalten in der Produktionslinie entsprechend anpassen. Durch den Einsatz dieser Technologie können Menschen und Maschinen Seite an Seite arbeiten und so die Produktionseffizienz verbessern und Qualitätsstandards einhalten. Das dritte Element ist schließlich der Einsatz digitaler Menschmodelle, die aufzeichnen, wie sich die Arbeiter am Fließband verhalten. Diese Informationen sind wertvoll, um ihre Sicherheit zu gewährleisten und die Reaktionen der Maschinen zu verbessern.
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Um diese Konzepte umzusetzen, ist es notwendig, das bestehende System zu analysieren und zu ermitteln, wie diese Ideen in die derzeitige Struktur integriert werden können. Dies führt zur Erstellung einer Umsetzungsstrategie als Leitfaden für die Arbeit. Sobald diese festgelegt ist, wird die Systemarchitektur nach Bedarf geändert, um die neuen Komponenten unterzubringen. In der Zwischenzeit erfolgt das Prototyping und die Implementierung für die gewünschten Anwendungsfälle. Dies ist ein iterativer Prozess, der Verifikations- und Validierungsphasen beinhaltet.
Die Forscherinnen und Forscher des Fraunhofer-Instituts für Kognitive Systeme IKS können mit ihrem Einblick in den Stand der Technik bei allen Aspekten dieses Wegs behilflich sein. Sie können zum Beispiel bei strategischen Entscheidungen beraten, welche Fertigungsschritte am vorteilhaftesten zu automatisieren sind und welche Schlüsseltechnologien im Rahmen dieser Umstellung eingesetzt werden müssen. Ebenso arbeiten sie gerne an der technischen Umsetzung von Konzepten mit, einschließlich der Rahmenbedingungen für die Anpassung des Roboterverhaltens und anderer sicherheitsunterstützender Funktionen.