Mensch-Roboter-Interaktion
Damit Roboter wissen, was sie zu tun haben

Kooperative, heterogene Roboter in unstrukturierten Umgebungen allein zu lassen, ist keine gute Idee. Erst eine KI-gestützte Management-Lösung versetzt sie in die Lage, komplexe Aufgaben zu lösen, ohne Schaden anzurichten. Das Fraunhofer IKS arbeitet an einem solchen System.

Mensch-Roboter-Interaktion
mask Mensch-Roboter-Interaktion

Mobile Roboter wie fahrerlose Transportsysteme in der Logistik arbeiten höchst effizient, wenn sie in abgeschlossenen Bereichen zu Dutzenden, wenn nicht sogar zu Hunderten ihre Aufträge ausführen und ihre Ladung mit hoher Geschwindigkeit von A nach B bringen. Das erledigen sie horizontal oder sogar vertikal per Lift oder eigenem Antrieb. Um Kollisionen zu vermeiden, kommt in den meisten Fällen eine zentrale Steuerung zum Einsatz, die den Überblick über alle Aufträge, das Wegenetz und die Position der einzelnen Roboter hat.

Sollte es dennoch zu Problemen kommen, besitzen die Roboter Sensoren, um Hindernisse zu erkennen und zu umfahren. Der Großteil der Umgebung ist jedoch »strukturiert «: Das bedeutet, dass in einer Lagerhalle zwar einzelne Paletten vorübergehend den Weg versperren können, aber die Umgebung – das Hallenlayout samt Säulen, dem Hallenboden und den Regalen – fest vorgegeben ist. Die meisten fahrerlosen Transportsysteme verwenden viele gleichartige Systeme, die das Zusammenspiel und deren Austauschbarkeit vereinfachen. Systemwechsel bzw. die Übergabe der Last zwischen verschiedenen mobilen Robotersystemen geschehen an Übergabestationen, sei es manuell oder automatisiert.

Was tun, wenn Mitarbeitende ins Spiel kommen?

Wird nun der abgeschlossene Bereich für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geöffnet, muss das Transportsystem in der Lage sein, entsprechende Safety-Anforderungen zu Lasten der Effizienz zu erfüllen. Fahrerlose Transportsysteme müssen im Falle einer Begegnung die Geschwindigkeit reduzieren, stehen bleiben und wenn möglich eine alternative Route wählen.

Weiten wir das Szenario aus und betrachten einen Gemischtbetrieb in der Halle von mobilen Robotern, Personen, konventionellen Gabelstaplern und Routenzügen. Wenn man den aktuellen Trend mit einbezieht, dass die automatisierte Logistik nicht nur in der Halle, sondern auch vor der Halle stattfindet, erhöht sich die Komplexität noch einmal. Eine zentrale Steuerung, wenn nicht sogar das ganze Transportsystem, kann hier schnell an seine Grenzen stoßen, wenn nicht sogar zusammenbrechen.

Die Forscherinnen und Forscher des Fraunhofer-Instituts für Kognitive Systeme IKS haben sich die Aufgabe gestellt, genau solche Fälle zu betrachten und die Bearbeitung von Aufträgen durch heterogene mobile Roboter auf Basis eines eigenen Management-Systems deutlich zu verbessern. Dazu sehen sie sich aber nicht nur den Logistikbereich genauer an, sondern auch den chaotischen Betrieb auf einer Baustelle oder die Service-Robotik im Bereich Healthcare, zum Beispiel im Krankenhaus. In allen Szenarien lassen sich konkrete Beispiele finden, in denen künftig durch den Einsatz heterogener Robotik Probleme auftreten werden, die sich nur mit einem von Künstlicher Intelligenz (KI) unterstützten Management-System lösen lassen.

Was ist heterogene Robotik?

»In einem heterogenen System arbeiten Roboter zusammen, die sich etwa in der Wahl ihrer Sensoren, ihrem Aufbau, ihren Fähigkeiten oder auch dem Hersteller unterscheiden«, sagt René Beck, PhD-Student und Architekt der Management-Lösung des Fraunhofer IKS. Dies öffnet nicht nur die Möglichkeit, leicht neue oder andere Modelle mit in den Betrieb aufzunehmen, sondern ermöglicht auch eine viel größere Bandbreite an Aufgaben und Problemen, die ein homogenes Multi-Roboter-System allein nicht lösen kann. Aus Sicht des Management-Moduls führe dies aber natürlich zu einer drastischen Komplexitätssteigerung, nämlich der Frage, welche Aufgaben von welchen Robotern mit welcher Qualität und Sicherheit gelöst werden könnten, so Beck.

Die Nutzung verteilter Sensorinformationen ist ein wesentlicher Baustein der Lösung. Ein Beispiel dafür stellt die dynamische Erstellung einer Landkarte aus den Sensordaten verschiedener Roboter zu gleicher Zeit dar, das so genannte Collaborative Simultaneaous Localisation And Mapping (CSLAM). Wo hier das Management-System zum Einsatz kommt, wäre z.B. der Wechsel zwischen Roboter A zu Roboter B, weil Roboter A mit dem aktuellen Terrain nicht zurechtkommt.

Der Forschungsansatz für das KI-gestützte Management-System soll mit der Middleware ROS2 und einer Simulation des Systems prototypisch umgesetzt werden. Dies soll den Umgang mit den Roboterverbünden vereinfachen und die Skalierbarkeit garantieren. ROS2 und die Simulationsumgebung Webots bieten ausreichende Möglichkeiten, um den Ansatz zu evaluieren.

»Safety-Betrachtungen sind notwendig«

Drei Fragen an René Beck, PhD-Student und Architekt der Management-Lösung

Frage

Michael Stiller:

Steuerungssysteme für fahrerlose Transportsysteme gibt es seit Jahrzehnten, inzwischen auch für Fahrzeuge, die nicht nur einer vorgegebenen Bahn folgen, sondern auch Hindernisse erkennen und diese umfahren können. Was fehlt aus Ihrer Sicht diesen Steuerungssystemen bzw. wo kommen diese an ihre Grenzen?

Antwort

René Beck:

Die genannten Systeme stoßen meist an ihre Grenzen, wenn sie den ihnen vertrauten, regelmäßigen und planbaren Rahmen verlassen. Dies passiert z.B. in unstrukturierten Outdoor-Umgebungen, wo sich nicht vorab definieren lässt, wie der Roboter seine Aufgabe erfüllen kann.

Frage

Michael Stiller:

Wie ist der aktuelle Stand Ihrer Arbeiten und bis wann erwarten Sie die Ergebnisse eines Proof of Concept?

Antwort

René Beck:

Aktuell verfolgen wir das Ziel, eine leicht benutzbare Simulationsumgebung für Multi-Robot-Szenarien zu erstellen. Der Fokus liegt dabei in der Bereitstellung von roboterübergreifenden hardwarenahen Funktionen wie z.B. CSLAM für komplexe Anwendungen. Damit wird die darauf aufsetzende Entwicklung von Anwendungsszenarien deutlich vereinfacht. Bis Ende des Jahres sollte eine erste Version des Aufgaben-Managements bereitstehen.

Frage

Michael Stiller:

Stellen Sie sich vor, Sie hätten Ihr Management-System erfolgreich evaluiert. Was wären die nächsten Schritte, um die Verbreitung Ihres Ansatzes erfolgreich voranzutreiben?

Antwort

René Beck:

Um unser System in einen produktnahen Zustand zu bringen sind vor allem Safety Betrachtungen für ausgewählte Anwendungen notwendig. Dazu ist jedoch noch Forschungsarbeit nötig, vor allem wenn es zu Interaktionen zwischen mobilen Robotern und Menschen kommt.


Dieses Vorhaben wurde im Rahmen des Projekts Unterstützung des thematischen Aufbaus des Instituts für Kognitive Systeme durch das Bayerische Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie gefördert.

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