Mit Künstlicher Intelligenz gegen den Klimawandel

Beim Umwelt- und Klimaschutz denken die meisten an erneuerbare Energien, Elektroautos und nachhaltige Konsumgüter. Nur wenige würden Künstliche Intelligenz (KI) damit in Verbindung bringen. Dabei kann sie eine entscheidende Rolle im Kampf gegen Umweltverschmutzung und Klimawandel spielen.

mask Regenbogen in Graslandschaft

Die 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen, zu denen sich 2015 alle Mitgliedsstaaten bekannt haben, sollen dazu beitragen, weltweit Gesundheit und Bildung zu fördern, Ungleichheit zu mindern und das Wirtschaftswachstum zu stärken – gleichzeitig sollen sie den Klimawandel bekämpfen und unsere Ozeane und Wälder schützen. Eine im Januar 2020 im Wissenschaftsmagazin »Nature« erschienene Studie hat nun herausgefunden, dass Künstliche Intelligenz (KI) die Erreichung von 134 Sub-Zielen ermöglichen kann. Besonders positiv wirkt sich KI in der Kategorie Umwelt aus.

KI ermöglicht den effizienten Einsatz
erneuerbarer Energien

Heute benötigen die Informations- und Kommunikationstechnologien bereits etwa ein Prozent des weltweiten Strombedarfs. Doch es gibt Schätzungen, die davon ausgehen, dass dieser Anteil bis 2030 auf 20 Prozent steigen könnte. Wird diese Energie nicht aus erneuerbaren Energiequellen gewonnen, wirkt sich das negativ auf den CO2-Haushalt aus. Doch gleichzeitig birgt KI ein riesiges Potenzial für die Einsparung von CO2 in der Energieerzeugung und -nutzung. Laut einer Studie von Microsoft und PwC hat KI das Potenzial, die globalen Treibhausgas-Emissionen bis 2030 um eineinhalb bis vier Prozent zu senken.

Die Energiebranche kann über alle Ebenen hinweg von KI profitieren. Bei der Planung einer neuen Solaranlage kann sie etwa genutzt werden, um die effizienteste Anordnung der Solarpanels zu berechnen. Nachdem die Energie erzeugt wurde, erhält der Solarparkbetreiber Auskunft darüber, wann es am wirtschaftlichsten ist, den Strom zu speichern oder ihn zu verkaufen. Dies geschieht über die Vorhersage von Einflussfaktoren wie Wetter, Energiebedarf und Preisbildung. Mit diesen Informationen können auch Überlastungen vermieden werden, die mit dem vermehrten Einsatz der fluktuierenden erneuerbaren Energien einhergehen. Damit sorgt KI dafür, dass Elektrizität aus erneuerbaren Energien bedarfsorientiert und flexibel gesteuert wird und sicher und kostengünstig beim Verbraucher ankommt.

Sie möchten mehr erfahren über die Forschung des Fraunhofer IKS zu Künstlicher Intelligenz? Weitere Informationen finden Sie hier:

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Mit Luftaufnahmen den Wald schützen

Des Weiteren geht die Studie davon aus, dass durch den Einsatz von KI bis 2030 insgesamt 32 Millionen Hektar an Wald durch die Vorhersage illegaler Rodungen geschützt werden könnten.

So entwickelte ein Student der ETH Zürich einen Algorithmus, der die Rodung von Wäldern im Regenwald voraussagen soll. Der Algorithmus berechnet die Wahrscheinlichkeit der nächsten Rodung, indem er zeitlich aufeinanderfolgende Luftaufnahmen miteinander vergleicht. Da er lernt, wie sich Straßenbild und Waldflächen mit der Zeit verändern, kann er ohne manuelles Labelling, also ohne das Markieren relevanter Bildsegmente durch einen Menschen, voraussagen, mit welcher Wahrscheinlichkeit eine bestimmte Fläche in Zukunft gerodet wird.

Auch hierzulande werden Luftbildaufnahmen für den Schutz des Waldes eingesetzt. Ein Spin-off des Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz (DFKI) wertet Satellitenaufnahmen der ESA und NASA mit neuronalen Netzen aus. Ein besonderer Fokus liegt hierbei auf den Infrarotinformationen der Aufnahmen. Über diesen lässt sich der Chlorophyll-Gehalt der Bäume bestimmen, was wiederum Rückschlüsse auf deren Gesundheit erlaubt.

Algorithmen machen Biodiversität sichtbar

Laut dem Global Risk Report des World Economic Forum (WEF) ist der Verlust der biologischen Vielfalt eines der größten Risiken in den nächsten zehn Jahren. Die Biodiversitätsstrategie der EU geht dieses Problem an, indem sie plant, bis 2030 mindestens dreißig Prozent ihrer Landes- und Meeresfläche unter Schutz zu stellen.

Eine US-Amerikanische App könnte dabei helfen, den Erfolg der Biodiversitäts-Strategie zu messen. Die App profitiert von der weltweiten öffentlichen Aufmerksamkeit. Denn sie kombiniert das Wissen von Hobby-Naturforschern, so genannten citizen scientists, und Biodiversitäts-Wissenschaftlern mit KI. Über das Smartphone können die Nutzer Bilder von Flora und Fauna aufnehmen und diese dann mit anderen teilen. Über die Community kann so festgestellt werden, um welche Tier- oder Pflanzenart es sich tatsächlich handelt. Dadurch entstehen gelabelte Trainingsdaten für einen Computer-Vision-Algorithmus, der nach einer Weile die Arten selbstständig voneinander unterscheiden kann. In Verbindung mit den Standortdaten kann dann festgestellt werden, ob die jeweilige Art heimisch ist. So hilft die App Forschern zu verstehen, wie sich invasive Arten ausbreiten und schützt dadurch letztendlich die heimische Biodiversität.

Derweil möchte ein deutsches Start-up Biodiversität im Wald messbar machen. Das Produkt des jungen Unternehmens ist eine Ökosystem-Überwachungsplattform, die in Echtzeit Einblicke in Umweltfaktoren im Wald geben soll. Sensoren, die an verschiedenen Orten im Wald angebracht sind, messen unter anderem Feuchtigkeit, Temperatur, Geräusche und Druck. Diese Daten werden von KI-Anwendungen ausgewertet und dann für den Nutzer grafisch aufbereitet. Auf Basis dieser Informationen können Waldbesitzer zum Beispiel erkennen, ob sich ihre Maßnahmen positiv auf die Biodiversität im Wald auswirken. Die Plattform gibt aber auch an, wenn eine Bedrohung für die Gesundheit des Waldes festgestellt wurde.

Höchste Präzision verhilft zu nachhaltiger Landwirtschaft

Präzisionslandwirtschaft (Precision Farming) ermöglicht es Landwirten, optimale Maßnahmen für ihre Nutzpflanzen zu identifizieren. Dadurch wird der Einsatz von Wasser, Düngemitteln und Pflanzenschutzmitteln reduziert und damit auch die Schädigung der umliegenden Ökosysteme. Ähnliches gilt für Nutztiere. Diese werden mit Sensoren versehen, die ihr Verhalten analysieren. Somit kann der Landwirt beispielsweise erkennen, ob ein Tier krank oder trächtig ist.

Normalerweise werden Pflanzenschutzmittel großflächig auf dem Acker verteilt, um Unkraut auf der gesamten Agrarfläche zu bekämpfen. Auch dort, wo überhaupt keines wächst. Das schadet nicht nur dem Geldbeutel des Landwirts, sondern insbesondere auch der Umwelt. Mit Precision Farming soll sich das nun ändern. Ein amerikanisches Unternehmen gibt zum Beispiel an, dass Landwirte mit seiner Technologie 90 Prozent der Pflanzenschutzmittel-Kosten einsparen können. Über die Nutzung von Computer Vision können einzelne Pflanzen auf dem Acker entweder als Unkraut oder Nutzpflanze erkannt werden. Das ermöglicht die individuelle Nutzung von Pflanzenschutzmitteln für Unkraut.

Noch spannender wird es allerdings, wenn man einen Blick in die Zukunft der Landwirtschaft wirft. Ein bayerischer Landmaschinenhersteller möchte die großen, schweren Landmaschinen durch kleine, Cloud-gesteuerte Feldroboter ersetzen. Diese sollen etwa die Aussaat von Mais komplett autonom und mit höchster Präzision durchführen. Dadurch steigert sich die Effizienz eines landwirtschaftlichen Betriebs enorm. Aber auch die Umwelt profitiert. Durch das geringe Gewicht wird der Boden geschont, elektrische Antriebe sorgen für wenig Geräusche und verhindern Ölleckage. Außerdem ermöglichen die Sensoren Präzisionsarbeit, die den Einsatz von Dünger, Pflanzenschutzmitteln und Saatgut deutlich verringern kann.

Die Beispiele in diesem kleinen Ausschnitt aus den unzähligen Möglichkeiten, die KI für den Umweltschutz bietet, zeigen jeweils ein Zusammenspiel verschiedenster Technologien. Es wäre falsch zu sagen, dass KI allein unsere Umwelt retten könnte. Vielmehr ist sie ein Baustein von vielen. Mit dem erhöhten Einsatz von KI gehen allerdings auch Risiken für Funktionalität und Sicherheit einher. Bezogen auf die genannten Beispiele wäre das ein möglicher Zusammenbruch der Energieversorgung durch eine Fehleinschätzung der KI. Es wäre aber genauso denkbar, dass ein gesunder Wald gefällt wird, da er von der KI als krank eingeschätzt wird. Auch ein Ernteausfall durch Überdüngung wäre theoretisch vorstellbar.

Die Forschung im Bereich Safe Intelligence des Fraunhofer IKS sorgt dafür, dass intelligente Systeme einerseits flexibel in verschiedenen Anwendungsfällen einsetzbar sind. Gleichzeitig ist aber auch sichergestellt, dass Unsicherheiten, etwa durch der KI unbekannte Faktoren, berücksichtigt werden und somit Sicherheit und Performanz der Lösungen nicht gefährdet sind.

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Kristina Kobl
Künstliche Intelligenz & Machine Learning / Fraunhofer IKS
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