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Industriesteuerungen machen sich auf den Weg in die Cloud
Schrittweise öffnen sich die Hersteller von Industriesteuerungen der Datenwolke. Mit dem Ansatz einer Cloud-basierten, serviceorientierten Steuerung peilt das Fraunhofer-Institut für Kognitive Systeme IKS die nächste Stufe der Entwicklung an.
© iStock.com/antorti
Schnellere Anwendungsentwicklung, einfachere Wartung, effizienteres Betriebsmonitoring: Die neuesten Systemarchitekturen der großen Hersteller von Industriesteuerungen weisen in Richtung Cloud. Das zeigt sich unter anderem durch
- Hosten und Versionierung von IEC 61131-3-Anwendungscode,
- App-Store-Konzepte zum Nachladen von einzelnen Funktionen oder kompletten alternativen Laufzeitumgebungen,
- Asset Management der Automatisierungskomponenten und
- Analyse der in der Maschine gewonnenen Daten mittels Cloud-basierter intelligenter Analysewerkzeuge.
Außerdem gibt es bereits Bestrebungen, Instanzen von softwarebasierten Steuerungen virtualisiert auf Servern zu betreiben, um etwa eine Vielzahl an nur gering ausgelasteten Kleinststeuerungen einzusparen. Auch die Loslösung vom Standard IEC 61131 in Richtung Hochsprachen, der in nahezu allen klassischen Steuerungen zum Einsatz kommt, wird von den Herstellern zunehmend verfolgt. Darüber hinaus findet bei Industriesteuerungen eine zunehmende Integration bisher hardwaretechnisch getrennter Lösungen statt, wie Antriebssteuerung, Robotersteuerung, Bilderkennung oder Machine-Learning-Algorithmen für Optimierungsaufgaben.
Serciveorientierte Steuerungsdienste
Das Fraunhofer IKS geht aber noch einen Schritt weiter: Mit dem Ansatz einer Cloud-basierten, serviceorientierten Steuerung als Teil einer Ende-zu-Ende-Architektur nimmt das Institut die nächste Stufe der Entwicklung ins Visier. Zusammen mit der Hochschule Düsseldorf wurde die Plattform SICS (smart industrial control service) entwickelt. Diese ermöglicht es, eine Industriesteuerung per Knopfdruck auf jedem beliebigen Gerät – Smartphone/Tablet, Laptop/PC, Server – als auch in der Cloud zu betreiben. Einzige Voraussetzung ist ein Javascript Interpreter, der in allen Browsern oder serverseitig als Node JS verfügbar ist. Somit kann nahezu jedes Gerät in eine industrielle Steuerungsumgebung umgewandelt werden.
Die Aufteilung in Steuerungs-Runtime und I/O-Router als getrennte Services ermöglicht einen hochflexiblen Einsatz wie zum Beispiel die Auftrennung und Neukonfiguration der Verbindung zwischen Sensoren/Aktoren und der Steuerung im laufenden Betrieb. Dieses bisher einzigartige Konzept ermöglicht somit eine deutliche Verringerung des Aufwands für das Engineering, unter anderem aufgrund
- nahtlosen Wechsels zwischen virtueller und realer Inbetriebnahme,
- Reduzierung der Kosten durch Verschlankung der Infrastruktur,
- Rekonfigurierbarkeit im laufenden Betrieb und damit Reduzierung softwarebedingter Stillstands-Zeiten,
- einfacher Vernetzung der Dienste in lokalen und globalen Netzwerken und
- Unterstützung heterogener Automatisierungskomponenten.
Ein wesentlicher Vorteil ist zudem die anforderungsabhängige Verteilung von Steuerungsdiensten in hybriden Cloud-Strukturen, das heißt Private/Public Cloud. So bietet die servicebasierte Architektur die Möglichkeit, einzelne Steuerungsdienste deutlich flexibler und skalierbarer innerhalb der OT-Ebene (Operational Technology) zu platzieren, kostengünstig redundante zuverlässigkeitssteigernde Softwarekonzepte umzusetzen oder Steuerungsanwendungen anforderungsabhängig aufzuteilen, zum Beispiel in Safety-, Standard- und koordinierende Dienste.
Mit der in SICS umgesetzten serviceorientierten Plattform ist die Vision näher gerückt, autonome Fähigkeiten einer Maschine beziehungswiese Anlage zu ermöglichen, die selbstständig Fehler beheben und Fehlertoleranz erlernen kann, um somit eine gewisse Resilienz zu entwickeln und sich zudem selbst zu optimieren.
Laufende Verbesserungen durch continuous integration und continuous delivery
Die serviceorientierte Architektur von SICS bietet die besten Voraussetzungen, um künftig auch in der OT-Ebene des produzierenden Unternehmens dem DevOp-Paradigma zu folgen. Somit können laufend Verbesserungen und Erweiterungen der Software durch continuous integration, der laufenden Weiterentwicklung des Codes, und continuous delivery, der kontinuierlichen Auslieferung von Software, für eine Maschine durchgeführt werden.
Was aktuell nur bei Wartungs- und Umrüstarbeiten möglich ist, wird mit dem Ansatz des Fraunhofer IKS künftig auch im laufenden Betrieb möglich sein: der Austausch von einzelnen Softwarefunktionen ohne Beeinflussung des Betriebs. Dazu sind so genannte, aus der IT bekannte und speziell für OT angepasste, Deployment Pipelines notwendig, um vorab mögliche Fehler beziehungsweise Konflikte etwa mit Hilfe der virtuellen Inbetriebnahme erkennen zu können. Neben der Qualitätssicherung der neuen Softwarekomponente selbst ist auch die Interaktion mit den bestehenden Komponenten sicherzustellen. Das Fraunhofer-Institut für Kognitive Systeme IKS bietet hierzu optimal auf den Hersteller angepasste Konzepte und Werkzeuge für ein durchgängiges Engineering nach DevOp-Prinzipien.
Zusätzlich sind Runtime-Mechanismen in der Architektur der Plattform notwendig, die einerseits ein abgesichertes Deployment durch eine Kombination aus produktiver Umgebung und Staging-Umgebung ermöglicht und andererseits den nahtlosen Wechsel von alter zu neuer Softwarekomponente innerhalb der Zykluszeit der Steuerung garantiert. In SICS wurden alle wesentlichen Voraussetzungen geschaffen, um diese Mechanismen bereitzustellen. Für den konkreten Anwendungsfall unterstützt das Fraunhofer IKS als kompetenter Partner Hersteller von Maschinen und Anlagen bei der Konzeption und Umsetzung dieser Mechanismen.
Mehr zu den Leistungen des Fraunhofer IKS rund um die flexible Produktion erfahren Sie auf unserer Website: https://www.iks.fraunhofer.de/de/angebote/flexible-produktion.html
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