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Visuelle Inspektion
FAST: Wie weniger Daten zu frühzeitiger und zuverlässiger Automatisierung durch KI führen
Von der medizinischen Diagnose bis hin zur Qualitätskontrolle: Visuelle Information wird häufig für wichtige Entscheidungen herangezogen. Eine Automatisierung dieser Entscheidungen kann Fachleute entlasten und Fehler vermeiden. Dafür sind komplexe KI-Systeme notwendig, für deren Entwicklung große Datenmengen benötigt werden und die in der Regel keine zuverlässigen Aussagen treffen können. FAST versucht, eine Antwort auf diese Probleme bereitzustellen: ein Framework, um zuverlässige KI-Systeme mit wenig Ausgangsdaten zu entwickeln.
© iStock/Larysa Pashkevich
Was haben Qualitätskontrolle in der Produktion, Bauteilkontrolle bei Wartungsarbeiten und medizinische Diagnose auf Basis von Röntgenaufnahmen gemeinsam? Bei allen diesen Tätigkeiten wird eine visuelle Inspektion ausgeführt und darauf aufbauend eine Entscheidung getroffen. Um Entscheidungen, etwa ob ein Produkt fehlerhaft ist oder nicht, zu treffen, müssen Domänenfachleute Aufnahmen oder Stichproben betrachten. Bei großen Produktionszahlen ist diese Tätigkeit sehr gleichförmig, was zu Ermüdung und Fehlern führen kann. Zudem entstehen hohe Personalkosten und das Expertenwissen kann nicht optimal genutzt werden.
Eine Studie [1]
aus den USA zeigt etwa, dass rund 80 Prozent der durchgeführten Prostatabiopsien auf gutartigem Gewebe durchgeführt werden, was dazu führt, dass Experten große Mengen an offensichtlich gutartigem Gewebe inspizieren. Dadurch wird deutlich, wie durch assistierende Automatisierungslösungen, sogenannte Computer-Assisted-Diagnosis-(CAD)-Systeme, die Zeit von Expertinnen und Experten besser genutzt und Fehler durch Ermüdung reduziert werden können. Vergleichbar verhält es sich auch in anderen Anwendungsfeldern visueller Inspektion.
KI für visuelle Inspektion?
Weil die Verarbeitung von Bildern und die erwähnten Anwendungen hochkomplex sind, bieten sich besonders KI-Lösungen auf Basis von Deep Learning (DL) für solche Probleme an. Bildverarbeitende Systeme mit Künstlicher Intelligenz (KI) sind keine Seltenheit. Solche Lösungen bieten zudem einen entscheidenden Vorteil: Das Problem, etwa die Entscheidung, welche produzierten Güter aussortiert werden müssen, muss nicht explizit beschrieben werden. was oft gar nicht möglich ist. Vielmehr reicht es aus, dass das System durch Beispielbilder lernt. Leider ergeben sich durch Verwendung von Deep Learning aber auch einige Schwierigkeiten. Die genannten Anwendungsfelder sind besonders betroffen von den folgenden zwei Problemen:
- Um Bildverarbeitende DL-Lösungen erfolgreich zu trainieren, werden sehr große Mengen an annotierten Beispielbildern benötigt. Datensätze mit mehreren Millionen von Aufnahmen sind keine Seltenheit, insbesondere für komplexe Objekte oder Szenarien. Dies führt zu einem hohen Arbeits- und Kostenaufwand, bevor das System überhaupt entwickelt und evaluiert werden kann. Zudem ist es durch häufiges Ändern der produzierten Güter, geringe Stichprobenzahl oder hohe Verarbeitungs- bzw. Annotationskosten nicht möglich solche Datenmengen zu erfassen.
- KI ist für viele praktische Anwendungen nicht zuverlässig genug. Dies betrifft insbesondere Systeme, die sicherheitskritische Entscheidungen treffen wie etwa die Qualitätskontrolle für Fahrzeugteile oder automatisierte medizinische Diagnose. Weitere Schritte zur Absicherung solcher Lösungen von der Konzeption bis hin zur Laufzeitüberwachung sind notwendig.
Beide »Baustellen« zählen zu den größten Herausforderungen bei der Realisierung von KI-basierten Systemen[2]. Um trotzdem Lösungen für die Automatisierung von visuellen Inspektionsaufgaben zu finden, hat das Fraunhofer-Institut für Kognitive Systeme IKS im Rahmen seiner Forschung das Projekt FAST entwickelt. FAST steht für »Feedback-guided Automation of Sub-Tasks«. Ziel des Frameworks ist es, durch eine KI-Komponente Entscheidungen, und damit Prozesse, zu automatisieren.
Bei FAST handelt es sich um eine Teil-Automatisierungslösung: Es arbeitet parallel zu den Expertinnen und Experten und verringert deren Arbeitsaufwand, indem die Entscheidungen automatisiert getroffen werden, für die eine zuverlässige Beurteilung möglich ist. Die verbleibenden Entscheidungen werden von den Fachleuten unmittelbar bearbeitet. Dafür besteht FAST im Kern aus zwei Komponenten: einer KI-Komponente, die Aussagen über die erfassten Bilder macht und einer zweiten Komponente, die die Zuverlässigkeit dieser Aussagen quantifiziert und so entscheidet, welche Daten automatisiert verarbeitet werden können.
FAST: Zuverlässig auch bei wenig Daten
Die entscheidende Frage ist nun, wie, auch bei wenigen vorhandenen Trainingsdaten, ein KI-Modell trainiert und eine sichere Entscheidung über die Zuverlässigkeit seiner Aussagen getroffen werden kann. FAST führt dafür das Konzept von »Sub-Problemen« ein: Ein Sub-Problem wird durch die Trainingsdaten definiert, die das System frühzeitig und in deutlich geringerer Anzahl erlernen kann als für das Gesamtproblem nötig. Ein Beispiel: Bilder mit schwierigen Lichtverhältnissen und schlechter Sichtbarkeit der Kernmerkmale könnten als Trainingsdaten ausgeschlossen werden. So würde ein System auf diese Kernmerkmale fokussiert trainiert werden. Es gibt eine Vielzahl von Möglichkeiten, die Daten für das Sub-Problem zu identifizieren. Abbildung 1 zeigt visualisiert die Schritte für die Entwicklung des Modells.
Ein KI-Modell, welches auf den Daten des Sub-Problems trainiert wurde, hat einen kleineren »Problemraum« und ist damit optimiert auf diese Einschränkung. Weil das Sub-Problem nur einen Teil der Daten beinhaltet, werden weniger initiale Daten benötigt. Zudem führt die Reduktion der möglichen Eingaben zu einem Modell, das weniger Fehler erzeugt und damit zuverlässiger ist.
Während der Nutzung des Systems werden neue Daten in das System eingegeben. Für diese Daten trifft das Modell eine Aussage im Sinne des zu lösenden Problems, etwa welche Güter aussortiert werden müssen. Die Zuverlässigkeit dieser Aussage kann dann beurteilt werden. Etwa können Eingaben, die in das vorher definierte Sub-Problem fallen, mit hoher Zuverlässigkeit vom KI-Modell bearbeitet werden. Zuverlässige Aussagen können für Automatisierungsentscheidungen herangezogen werden, während die Eingaben, die zu unzuverlässigen Aussagen führen, an die Expertinnen und Experten weitergereicht werden. Um das KI-Modell kontinuierlich zu verbessern, wird das Feedback der Experten verwendet, um das Modell anzupassen. Der Ablauf für neue Eingaben ist in Abbildung 2 dargestellt.
Durch FAST werden also zuverlässige KI-Lösungen mit geringem Datenaufwand entwickelt, die schnell eingesetzt werden können, um Fachleute frühzeitig zu entlasten.
[1] Gurcan, Metin N., et al. "Histopathological image analysis: A review." IEEE reviews in biomedical engineering 2 (2009).
[2] “Are Organizations Succeeding at AI and Machine Learning?” Rackspace Technology, 2021, https://www.rackspace.com/site...
Dieses Vorhaben wurde im Rahmen des Projekts Unterstützung des thematischen Aufbaus des Instituts für Kognitive Systeme durch das Bayerische Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie gefördert.
Das FAST Projekt wird zudem durch die Teilnahme am Fraunhofer AHEAD Programm gefördert.