Porträt Karsten Roscher
»Ich bezeichne mich selbst als pragmatischen Idealisten.«

Karsten Roscher forscht als Leiter des Departments Industrial Sensing Systems (AI) an der verlässlichen und sicheren Nutzung maschineller Bildverarbeitung am Fraunhofer-Institut für Kognitive System IKS. Während er in der Arbeit das Potenzial von Künstlicher Intelligenz (KI) als praktische Problemlösung erschließt, findet er in seiner Freizeit Ausgleich in der Musik.

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Künstliche Intelligenz (KI) und Bildverarbeitung: In der öffentlichen Wahrnehmung geht es dabei fast immer um automatisiertes Fahren. Anwendungen in der Industrie spielen eine eher untergeordnete Rolle. Grund genug für Karsten Roscher und sein Team, genau auf diesem Gebiet zu forschen: »Das Problem ist, dass versucht wird, die schwierigste Herausforderung als Erstes zu lösen«, betont Roscher. Denn im Straßenverkehr bewegen sich Fahrzeuge in einer dynamischen Umgebung, während geschlossene Szenarien leichter für die KI zu verarbeiten sind. »Man sollte daher nicht warten«, so der Leiter des Departments Industrial Sensing Systems (AI), »bis die Probleme des Automotive-Bereichs gelöst sind, sondern durch leichtere Aufgaben mehr Wissen und Erfahrung aufbauen.« Dazu müsse die KI so sicher und verlässlich gestaltet sein, dass sie ihre Umwelt und die Personen darin zuverlässig erkennen kann. Nur dann ist sie in vielen Bereichen flexibel nutzbar. Roscher: »Bei Gesprächen mit Industrievertretern merkt man oft, wie wenig bisher eingesetzt wird und wie viel Potenzial dabei noch existiert.«

Mit Pragmatismus die Welt verbessern

Diese Forschung ist für die Wirtschaft und die Anforderung der Nachhaltigkeit hoch relevant. So kann durch KI Fachwissen bei Fachkräftemangel konserviert und durch automatisierte Produktion die Effizienz erhöht werden. Hierdurch werden Ressourcen schonender genutzt und weniger Energie verbraucht. Karsten ist dabei motiviert, diesen aktuellen Herausforderungen mit neuen Lösungen zu begegnen: »Ich bezeichne mich gerne als pragmatischen Idealisten. Ich möchte die Welt zu einem besseren Ort machen, indem ich nach erfolgversprechenden Wegen suche.« Anstatt hierbei lediglich Probleme und Wünsche zu formulieren, müssten Alternativen aufgezeigt werden, die nachhaltig, ökonomisch und gesellschaftlich akzeptiert sind.

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Karsten Roscher leitet das Department Industrial Sensing Systems (AI) am Fraunhofer IKS. Neben der Arbeit treibt er Sport und spielt verschiedene Instrumente.

Diese Motivation versucht er, auch an das Team weiterzugeben. »Eigentlich mag ich solche Vergleiche eher ungern, aber ich sehe meine Aufgabe so wie die eines Fußballtrainers.« Er versuche, die richtigen Rahmenbedingungen zu schaffen, die Themen und Aufgaben gut zu verteilen. Hierbei sei es immer wichtig, die Mitarbeitenden mitzunehmen und zu erklären, warum Aufgaben erledigt werden müssen und welcher Beitrag dadurch geleistet wird. »Am Ende müssen die Leute dann auf dem Platz spielen und, um in der Metapher zu bleiben, gewinnen.«

Jugend und Studium zwischen der Gitarre und Informatik

Aufgewachsen ist der 42-Jährige im thüringischen Nordhausen. In seinem Leben liegen ihm zwei Dinge schon lange am Herzen: Informatik und Musik. So spielt er mehrere Instrumente: bevorzugt Gitarre, jedoch auch ein wenig Klavier und Bass, »und wenn es sein muss, singe ich auch«. In seiner Jugend war er so schon am Keyboard in der Coverband seines Vaters aktiv. Jedoch mochte er Musik so gerne, dass er sie nicht zum Beruf machen wollte. Stattdessen fokussierte er sich auf sein zweites Interesse, Computer. Seinen ersten PC hatte er mit zehn Jahren, begann bereits mit elf zu programmieren und veranstaltete darüber hinaus mit Schulfreunden LAN-Partys.

Als er nach der Schule studieren wollte, entschied er sich für ein Doppelstudium von Computer Science und Computer Engineering. »Bei der reinen Informatik fehlte mir der Ingenieur.« Er ging an die Technische Universität Ilmenau im südlichen Thüringen. »Das war weit genug, um auszuziehen und gleichzeitig noch nahe genug, um weiterhin in der Band meines Vaters zu spielen« Während des Studiums brachte er sich vieles selbst bei und ließ auch einmal Vorlesungen aus. Stattdessen lernte er viel über das Lesen von Büchern. In der restlichen Zeit ging er auch seinen musikalischen Interessen nach, vor allem der Rockmusik. So komponierte er Musik für Filme von anderen Studierenden an der Universität.

Ausgleich durch Musik und Sport

Zum Abschluss seines Studiums entschied sich Karsten in der Forschung zu bleiben. »Ich mag es, Rätsel und Herausforderungen zu lösen.« Nachdem er schon in Ilmenau bei einem Fraunhofer-Institut gearbeitet hatte, kam er zum Ende seiner Studienzeit zum Fraunhofer ESK, dem Vorgänger des Fraunhofer IKS. »Bis heute finde ich das Fraunhofer-Konzept sehr spannend.« Ihm gefällt es vor allem, als Bindeglied zwischen freier universitärer Forschung und Wirtschaft Lösungen für industrielle Probleme zu erarbeiten.

In München lebt er nun seit bereits 16 Jahren. Neben seiner Arbeit ist er weiterhin auch musikalisch tätig. »Ich habe in verschiedenen Bands sowohl Cover als auch eigene Stücke gespielt.« Im Moment versucht er seine alte Schulband wieder aufleben zu lassen. »Mein Problem ist, dass ich zu viel Ambition für eine Hobbyband, aber zu wenig Zeit für die Profis habe.« Gleichwohl ist die Musik sein kreativer Ausgleich zu seiner Arbeit. Außerdem spielt er seit mehreren Jahren Floorball, eine Variante des Feldhockeys, wofür er sogar eine Schiedsrichterlizenz erworben hat. So bleibt er sich auch auf dem Sportplatz treu – als pragmatischer Idealist.

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