Porträt Jeanette Miriam Lorenz
»Quantencomputing ist ein bisschen wie die Suche nach dem heiligen Gral«

Schon von klein auf war Jeanette Lorenz völlig klar, dass sie in die Wissenschaft möchte. Heute forscht sie am Fraunhofer IKS daran, zuverlässiges und robustes Quantencomputing zu ermöglichen. Teil 13 der Serie von Porträts unserer Mitarbeitenden.

mask Nahaufnahme eines Blattes

Der Weg in die Wissenschaft war Jeanette Lorenz eigentlich schon in die Wiege gelegt, auch ihre Eltern sind Physiker und Mathematiker. Anfangs hatte sie allerdings eher die Absicht, im Bereich der Medizin oder Biologie zu arbeiten: Als Kind liebte sie es, mit Bestimmungsbüchern durch die Natur zu streifen und war fasziniert davon, Pflanzen- und Tierarten zuzuordnen. Die Begeisterung für Physik kam dann erst später. Die Physik beschreibt sie als wesentlich grundsätzlicher als die Biologie: »Wenn man wirklich verstehen möchte, wie die Natur eigentlich aufgebaut ist, dann muss man zur Physik gehen.«

Ein Physik- und Mathematikstudium war dementsprechend der nächste logische Schritt: Jeanette studierte an der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) und promovierte und habilitierte anschließend. Von der Atomphysik kam sie über die Teilchenphysik und die Quantenfeldtheorie schließlich zum Quantencomputing.

Auf das Studium folgte eine langjährige Forschungserfahrung in der experimentellen Hochenergie-Teilchenphysik am CERN (European Organization for Nuclear Research) und als Nachwuchsgruppenleiterin an der LMU. Als Privatdozentin ist sie dort auch heute noch tätig und unterrichtet an der Fakultät für Physik.

Die Entscheidung für einen neuen beruflichen Abschnitt kam mit der Fertigstellung der Habilitation: »Danach habe ich mich gefragt, wie es jetzt eigentlich weitergehen soll und mir sozusagen die Sinnfrage gestellt, wohin ich möchte.« Jeanette entschied sich, mit dem Fokus auf Data Science zu forschen, was aber in der Teilchenphysik zumindest in Deutschland so nicht möglich gewesen wäre.

Jeanette Miriam Lorenz
Bild

Jeanette Lorenz: »Der Weg ans Fraunhofer IKS hat sich für mich als glückliche Fügung erwiesen«

Aber: Seit 2020 gibt es am Fraunhofer IKS den neuen Forschungsbereich des Quantencomputing. Diese Alternative hat sich für Jeanette als »glückliche Fügung« erwiesen und ist gewissermaßen eine Rückbesinnung auf ihre Wurzeln, da sie wieder an der Schnittstelle von der Physik zur Mathematik tätig ist. Das Ziel ihrer Arbeit ist es, verlässliches und robustes Quantencomputing leicht zugänglich zu machen.

Dabei hat Quantencomputing das Potenzial, zahlreiche Branchen massiv zu verändern. Aktuell ist aber noch viel Forschung nötig, bis es in der Breite angewendet werden kann. Das ist für Jeanette auch das Spannende an der Arbeit, da man dieses sehr neue und aktive Feld mit eigenen Ideen formen und gestalten kann. Sie hat es schon immer angelacht, mit neuen Techniken und Methoden an komplexen Problemstellungen zu arbeiten: »Man ist hier wirklich innovativ tätig, während man Wissen aus ganz unterschiedlichen Fachbereichen wie der Informatik, der Physik, der Mathematik und der Statistik zusammensetzt.« Daraus ergeben sich völlig unterschiedliche und abwechslungsreiche Projekte. Diese interdisziplinäre Arbeitsweise schätzt sie am Fraunhofer IKS besonders. Am meisten Spaß macht ihr die Arbeit dann, wenn die eigene Idee richtig schön funktioniert, so wie man es sich in der Theorie vorgestellt hat.

Gruppenbild der Mitarbeitenden des Fraunhofer IKS

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Bei der Chancengleichheit gibt es in Deutschland noch viel zu tun

Neben all diesen schönen Seiten an einem Berufsleben in der Forschung gibt es aber auch einen entscheidenden Punkt, an dem sich in den vergangenen Jahren leider nicht so viel verbessert hat: Schon in der Schule im Physik-Leistungskurs war Jeanette das einzige Mädchen. Ein Muster, dass sich später wiederholen sollte. »Mir ist das selbst zuerst nie groß aufgefallen, bis ich im Studium dumme Fragen bekommen habe und Menschen verwundert waren, dass ich Physik studiere.«

Als Frauenbeauftragte der Physikfakultät an der LMU hat sie zahlreiche Einblicke bekommen, warum sich viele talentierte Frauen letztendlich gegen eine weitere Karriere in der Forschung entscheiden. Ein wichtiger Grund: »Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf hat in Deutschland leider einen viel geringeren Stellenwert als in anderen Ländern.« Hier bestehe ganz klar Handlungsbedarf.

Abschalten in der Natur

Die Liebe zur Natur findet sich auch heute in Jeanettes Freizeitgestaltung wieder. Am Wochenende trifft man die begeisterte Wanderin oft in den Alpen: »Das ist für mich der perfekte Ausgleich, man ist völlig geerdet und auf das wirklich Elementare konzentriert. Man ist dem Wetter ausgesetzt und bewältigt ganz andere Probleme. Ein kompletter Gegensatz zur Arbeit in gewisser Hinsicht.«

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